Heute war die außerordentliche Hauptversammlung der VOLKSWAGEN AG. Es ging um viel Geld. Sehr sehr sehr viel Geld. Und noch mehr Geld. Und angeblich auch um Nachhaltigkeit. Ein ganz kurzer Einblick direkt danach.
Dabei waren u.a. der Aufsichtsrat mit beispielsweise Teilen des größten VW-Aktionärs der Familie Porsche/Piech, sowie dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil und der Vize-Ministerpräsidentin Julia Wilie Hamburg. Fehlen durfte da natürlich auch nicht das Emirat Katar, was drittgrößter Aktionär von VW ist. Auch dabei waren zum Beispiel die Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats Daniela Cavallo und Jörg Hofmann von der IG Metall. Außerdem der gesamte Vorstand von Volkswagen wie Oliver Blume, Markus Duesmann, Thomas Schäfer und Co.
Dank der kritischen Aktionär*innen durfte ich eine Rede halten und klar machen, dass Profit und Nachhaltigkeit sich ausschließen. Seit 1972 mit den “Grenzen des Wachstums” des Club of Rome wissen wir spätestens, dass auf einem begrenzten Planeten kein unendliches Wachstum möglich ist. In der kapitalistischen Logik der Dividenden ist ein “Genug” aber nicht vorgesehen. Es muss weiter, schneller, höher, größer gehen. Und so werden zwar bei der Eröffnungsrede des aktuellen Vorstandsvorsitzenden Oliver Blume immer wieder der Begriff der Nachhaltigkeit bemüht. Aber es geht nur um die Antriebswende und keine Verkehrswende. Um große schwere SUVs. Einfach absurd.
Wir möchten aus VW, was heute noch für VolksWagen steht, VerkehrsWende machen. Aber natürlich wird das nicht so profitabel sein. Statt Konkurrenz brauchen wir sowieso Kooperation, um der Klimakatastrophe und den sozialen Verwerfungen entgegenzuwirken. Dividenden sind Teil der Logik des Kapitalismus und damit immer ungerecht.
Bert Brecht brachte es in einem Vierzeiler so wunderbar auf den Punkt, wenn er sagte:
Armer Mann und reicher Mann
Bert Brecht
standen da und sahen sich an.
Sagte der Arme kreidebleich
Wäre ich nicht arm, wärst Du nicht reich.
Das ist die strukturelle Ungerechtigkeit im Kapitalismus.
Oft habe ich dieses Zitat bereits in Vorträgen verwendet. Aber noch nie hat meine Stimme dabei so gezittert und noch nie war ich den Tränen dabei so nahe. Weil ich den Machtblock spürte, die Ungerechtigkeit zum Schreien unfassbar und unvorstellbar groß war, wenn ich zur Seite blickte.
Rund 53% von VW gehören der Porsche/Piech Familie. Durch den Porschebörsengang sprudelten über Nacht die Milliarden in die Kassen der österreichischen Kleinfamilie. Gewinne werden privatisiert und Verluste sozialisiert. Wie oft wurde die Automobilindustrie mit krassen Subventionen am Leben gehalten und wie oft dennoch Milliardengewinne ausgeschüttet. Das können wir uns nicht mehr leisten.
Außerdem war Katar als drittgrößter Aktionär anwesend und alle wissen spätestens seit der kritischen Auseinandersetzung mit der WM, wie brutal und blutig Gewinne eingefahren werden.
Es gibt viel zu tun. Lasst es uns angehen! Kommt in die Verkehrswendestadt Wolfsburg in die Höhle des Löwen und lasst uns gemeinsam kämpfen.
Oliver Blume bediente sich bei seiner Rede der Metapher, dass wir das Haus zu renovieren haben. Dabei kam mir direkt Erich Mühsam in den Sinn mit dem ich meine Rede beendete:
„Warum das Dach flicken, wenn das Fundament morsch ist?
Erich Mühsam
Wir brauchen den Komplettumbau!“
Und genau darum sind wir in Wolfsburg. Wir möchten die soziale und ökologische Frage zusammendenken und zusammenkämpfen. Mit Arbeiter*innen am Band, in der Verwaltung, der Forschun, dem Management, der Stadtgesellschaft und allen anderen Akteur*innen der sozial-ökologischen Transformation.
Das Möglichkeitsfenster ist da. Lasst es uns nutzen und gemeinsam aus der Autostadt die Verkehrswendestadt gestalten.
Lieber Tobi, danke für deinen Auftritt auf der Aktionärsversammlung in der Höhle des Löwen, den milliardenschweren Bonzen, die jeden Fortschritt im Sinne eines guten Lebens für alle blockieren. Du hast treffende Worte gefunden.
Hej Tobi, gerne hätte ich dich live auf dieser Aktionärsversammlung gesehen und gehört – habe aber leider keine VW-Aktien und konnte nicht dort sein. Kann es mir aber vorstellen, wie es war – sicherlich ähnlich, wie es ist, wenn mutige VW-MitarbeiterInnen das Wort auf einer Betriebsversammlung ergreifen. ToTo