Transparente und Transformation – Hat die IG-Metall Angst vor kontroverser Debatte? Bericht zum 2. Prozesstag am AG am 15.5.

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen Verkehrswendeaktivist Ruben Gradl am 15.5.25 wurden zahlreiche Zeugen vernommen. Am spannendsten war die Vernehmung des Geschäftsführers der IG Metall Matthias Disterheft. Der schilderte, den Angestellten der Gewerkschaft habe es Angst gemacht, dass dort Aktivist*innen aufgetaucht seien. Auf die Nachfrage, was die denn gemacht hätten berichtete er von aufgehängten Transparenten, Kreide,  aufgestellten Tischen und Bänken und Gesprächsbereitschaft. Zwar konnte sich Disterheft nicht mehr an die Aufschrift der Transparente erinnern, doch wir wissen es: Auf den Transparenten stand ein Zitat aus der Satzung der IG-Metall: “Ziel der IG Metall ist die Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum”

„Dass einer Gewerkschaft politische Transparente und das Einfordern einer Debatte um ihre eigenen Satzungsziele (in diesem Fall Vergesellschaftung großer Konzerne) Angst machen, ist ein beeindruckender Gradmesser, wie wenig visionär die IG Metall in Wolfsburg unterwegs ist. Eine Armutszeugnis für eine Gewerkschaft, die wir gern als kämpferischen Partner für eine langfristige Zukunft von Volkswagen  gewonnen hätten.“ so G.

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Disterheft konnte sich insgesamt an erstaunlich wenig erinnern. Wer nun genau Angst gehabt haben soll, wann er den Strafantrag unterschrieben hat, ob es im Nachhinein ein internes Argumentationspapier zum Umgang mit den Aktivist*innen gegeben habe: An all das, so sagte er, erinnere er sich nicht.

Neben dem Gewerkschaftsfunktionär waren mehrere Angestellte von VW als Zeugen geladen. In ihren Vernehmungen ging es unter anderem um angeblich durch eine Go-In-Aktion am VW-Kohlekraftwerk entstandenen Schaden. Der laut Aktenlage entstandene Schaden setzt sich aus drei maßgeblichen Punkten zusammen: Den vermeintlich durch das Drosseln des Kohlekraftwerks und das Hochregeln des Gaskraftwerks entstandenen Schaden, eine durch Stillstand Kosten verursachende Baustelle und erhöhte Personalkosten bei VW selbst. Doch alle drei Posten werfen erhebliche Fragen auf: Entstand auf der Baustelle, die auf Polizeianweisung stillgelegt wurde tatsächlich ein so hoher Schaden wie von der Baufirma Mitsubishi behauptet? Oder waren dort in erster Linie Leiharbeiter*innen eingesetzt, die nur bezahlt werden, wenn sie auch arbeiten? Wie viele Sicherheits- und Feuerwehrangestellte wären an diesem Tag ohnehin im Dienst gewesen und warum tauchen auch sie in der vermeintlichen Schadensrechnung auf? Und wie viel finanziellen Schaden bedeutet es, wenn VW statt des eigenen Kohlekraftwerks das eigene Gaskraftwerk nutzt? War es überhaupt notwendig das Kohlekraftwerk zu drosseln? Und ist der Gesellschaft durch die eingesparten Emissionen nicht vielleicht gar ein Nutzen entstanden?

Der Richter wäre gern an diesem Tag fertig geworden, hatte sich extra bis 18 Uhr Zeit genommen, dies jedoch weder Verteidigung und Angeklagtem noch der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Und so wurden noch mehrere Beweisanträge gestellt bis der Termin gegen 16 Uhr endete. Fortsetzung ist am 27. 5., erneut um 9 Uhr.

Die Polizei untersagte den Besucher*innen ebenso wie einer Verteidigerin nach dem Prozess den direkten Weg zum Bahnhof. Begründet wurde dies damit, es sei im Umfeld eines Prozesses wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit Aktionen zu rechnen und sie müssten Tunnel schützen. Es folgten skurrile Szenen, denn die Personen, die eigentlich nur zum Bahnhof wollten teilten sich auf und erkundeten zu Fuß die Umgebung, wobei sie von zahlreichen Polizist*innen per Motorrad, Auto und zu Fuß bei ihren Spaziergängen begleitet wurden. Gegen eine ebensolche Maßnahme am ersten Verhandlungstag wurde mittlerweile Klage eingereicht.

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