Der folgende Kommentar wurde in der WAZ am 29.9.2022 veröffentlicht:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist richtig, die Auflagen der Stadt für die Trinity-Mahnwache waren überzogen. Aber schlimmer noch: Sie untergraben das Versprechen des Dialogs.
Die Justiz hat entschieden: Die Protest-Mahnwache gegen das Trinity-Werk darf nun doch auf dem künftigen Fabrik-Gelände stattfinden. Egal wie man zu den – teils überzogenen und unrealistischen – Forderungen der Aktivisten stehen mag: Das Urteil ist gerechtfertigt. Das Recht auf Versammlungsfreiheit kann nicht einfach weggewischt werden, nur weil es unbequem ist.
Die Stadt hätte besser daran getan, den eingeschlagenen und versprochenen Weg des Dialogs auch in dieser Sache fortzusetzen. Stattdessen wurden überzogene Auflagen gemacht, von denen auch vorher absehbar war, dass sie vor Gericht nicht standhalten. Das verleiht der Kritik der Aktivisten an angeblichen Seilschaften zwischen Stadt und Volkswagen nicht nur mehr Nachdruck, sondern könnte ihrem Protest auch weitere Sympathien verschaffen.
Wenn man zeigen will, dass ein Großprojekt auch ohne Komplikationen und im Dialog mit den Bürgern abgewickelt werden kann, dann gehört auch dazu, dass man Protest aushält. Denn wenn sich jeder ernst genommen fühlt, dann kann auch ein kleiner Protest die Akzeptanz für Trinity nicht erschüttern.