Wir sollten die öffentliche Aufmerksamkeit nutzen und die Debatte verbreitern – Lars Hirsekorn zur Frage von „Fake News“ und Notwendigkeiten

Lars Hirsekorn zur Frage von „Fake News“ und Notwendigkeiten

Manager fordern Entlassungen und Werkschließungen. Der Bundesverkehrsminister besteht weiterhin auf unbegrenzte Geschwindigkeit auf deutschen Autobahnen, obwohl er doch weiß, dass das zur Verschärfung von Naturkatastrophen beiträgt und damit Millionen Menschenleben bedroht. Klimaaktivist*innen verwenden das Logo der IG Metall. Unglaublich.

Tatsächlich habe ich mich sehr gefreut, als ich auf die Veranstaltung der IG Metall Wolfsburg aufmerksam gemacht wurde. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als ich gemerkt habe, dass es ein Fake gewesen ist. Schließlich drängt die Zeit. Und das auf zweierlei Ebenen. Zum einen geben uns der Weltklimarat und der UN-Generalsekretär nicht mehr viel Zeit zum Handeln. Zum anderen geben die Produktivitätssteigerungen – bei gleichzeitigem Auftragsrückgang – der IG Metall allen Anlass, über eine Produktion jenseits des Automobils zu debattieren. Eine Sicherung der Werke, wird meines Erachtens ohne andere Produkte kaum möglich sein.

Doch dafür bedarf es gesellschaftlich Verbündete, die diese Forderung mittragen.

Man muss auch nicht so tun, als wäre dies eine völlig absurde Idee. Andere große Automobil – Produzenten wie Hyundai, Mazda oder Suzuki sind in der Lage, Solarzellen und vieles mehr zu produzieren.

Dass der IG Metall Vorstand mit seinem Debattenpapier jetzt an die Öffentlichkeit geht, ist mehr als löblich, aber auch überfällig.

Nun gilt es, die teilweise etwas sehr allgemein gehaltenen Thesen und Forderungen, mit Inhalt zu füllen. Vor allem muss es aber im breiten Rahmen diskutiert werden. Das schönste Papier hilft nichts, wenn es nicht mit den Mitgliedern und Bündnispartnern diskutiert wird.

In diesem Sinn hilft es wenig, wenn über die Aktionsformen von Klimaaktivisten gejammert wird, sondern wir sollten die öffentliche Aufmerksamkeit nutzen und die Debatte verbreitern.

Mit besten Grüßen

Lars Hirsekorn, Mitglied des Betriebsrates bei Volkswagen Braunschweig

Braunschweig 08.08.2023

2 Gedanken zu “Wir sollten die öffentliche Aufmerksamkeit nutzen und die Debatte verbreitern – Lars Hirsekorn zur Frage von „Fake News“ und Notwendigkeiten

  1. Wie gut, dass es vernünftige Leute gibt wie du, die einen Plan haben und sich dafür einsetzen. IG Metall spricht immer von Dialogbereitschaft, es geht aber übers Reden nicht hinaus. Das muss sich dringend ändern. Wie wär’s, wenn sich alle vernünftigen von VW und IG Metall verbünden ….

  2. Ich kann Lars nur zustimmen: Eine Sicherung der Beschäftigung in den Werken wird mit dem PKW-Bau alleine nicht zu haben sein.
    In der WN vom 10.8. wird als Reaktion auf die Aktionen von Aktivist*innen am Vortag die Haltung der Wolfsburger IGM folgendermaßen zusammen gefasst: “Wenig überraschend hält man im Gewerkschaftshaus auch nichts von einer Konversion der Produktion in Richtung massentauglicher öffentlicher Verkehrsmittel”. Welch eine Fehleinschätzung! Sind doch alle ernst zu nehmenden Verkehrsforscher der Ansicht, dass nur der Umbau der Automobilkonzerne zu Mobilitätsanbietern die Zukunft der Arbeitsplätze sichern kann. Und der muss auch die stärkere Förderung des öffentlichen Verkehrs bedeuten. Nur auf den ungebremsten Ausbau des Individualverkehrs zu setzen ist nicht zukunftstauglich.
    Klar, im Interesse der Autobosse ist das nicht. Der Bau großer SUV, gleich ob Verbrenner oder E-PKW, ist profitabler. Der auch bei der Wolfsburger IGM bekannte Soziologe Prof. Dörre hat dagegen auch im Verkehrssektor eine “Nachhaltigkeitsrevolution” gefordert. Um diese gegen die Autokonzerne durchzusetzen, hat er einen “ecolocical turn” der IG Metall und einen “social turn” der Umweltbewegung vorgeschlagen. Aus den Forderungen der “Wolfsburger Aktivisten” (so die Zeitung), z.B. nach einer “Machbarkeitsstudie für die Umrüstung des Stammwerkes auf die Produktion von öffentlichen Verkehrsmitteln” und “Nachhaltige Beschäftigungssicherung in und um Wolfsburg” spricht zumindest das Bemühen um einen “social turn”. Bei aller Würdigung der sozialen Erfolge der Wolfsburger IG Metall scheint mir ihrerseits das Bemühen um einen “ecolocical turn” sehr im Nachklapp.
    Sicher muss die IGM-Führung nicht alle Aktivitäten der Verkehrswendeaktivist*innen gut heißen. Bei der Beurteilung plädiere ich dennoch für einen kühlen Kopf und Diskussionsbereitschaft statt Polizeimaßnahmen und Anzeigen mit “Hausfriedensbruch” z. B. für das Aufhängen eines Transparentes mit dem §2 der IGM-Satzung. Oder verlangt man, dass sich alle jungen Aktivist*innen der Verkehrswendebewegung nur in den karrieregeilen Bahnen des CDU/SPD/Grünen-Nachwuchses bewegen?

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