Wie angekündigt geht es weiter mit der Frage an die IG Metall. Nimmt die Gewerkschaft eine aktive Rolle ein im Transformationsprozess, legt sie Entwürfe vor für ein nachhaltiges Mobilitätskonzept und den Umbau des Automobilkonzerns?
In der WAZ heißt es am 15. August: IG Metall und VW Betriebsrat fordern Unterstützung bei Transformation
Was genau fordert Bezirksleiter Thorsten Gröger?
Er fordert von der Landespolitik unter anderem mehr Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien.
Eine richtige Forderung, allerdings bleibt es bei dieser allgemeinen unverbindlichen Aussage. Sie wird uns hier nicht weiter beschäftigen.
Er beklagt Material und Lieferengpässe sowie Verlagerung von Standorten und Betriebsschließungen
Das ist ein berechtigter Kritikpunkt. Doch wo bleibt seine Stellungnahme? Keine Aussage über VW, keine Andeutung einer Forderung an die Unternehmenspolitik. „Rohstoff-Deal, Zellfabrik, neue Marke: So greift Volkswagen in Nordamerika an“ berichtet die WAZ ausführlich über die Pläne des Konzerns in Kanada. Was sagt Herr Gröger dazu? Die IG Metall in Wolfsburg hüllt sich in Schweigen. Hat sie keine Meinung zur weiteren Verlagerung auf den Kontinent Amerika? An dieser Stelle zitiere ich den Bezirksleiter der IG Metall Bayern, Johann Horn, um ein Beispiel zu geben, dass die Gewerkschaft durchaus die Situation analysieren und die Unternehmen angreifen kann. Auf der Internetseite der IGM Bayern finden wir folgenden Bericht:
Horn gab den Unternehmen in seiner Rede eine Mitschuld am aktuellen Materialmangel, der die Inflation anheizt: „Sie wollten als Lehre aus Corona ihre Zulieferbeziehungen in Deutschland und Europa stärken. Doch sie haben nichts gemacht. Die Unternehmen müssen jetzt strategische und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Sie müssen Produktion und Lieferketten in Deutschland und Europa stärken.“
Gute Arbeit und sichere Beschäftigungsverhältnisse, die dem Wandel trotzen und sich auch in den nächsten Jahrzehnten bewähren, müssen gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern, Gewerkschaften und vor allem der Politik sein, ….
… der Wandel hin zur Elektromobilität befördert und die Unternehmen bei ihrem Umbau und der Dekarbonisierung unterstützt werden.
Auf Kuschelkurs mit Volkswagen fordert Herr Gröger etwas von der Politik, diese muss die Unternehmen unterstützen. Als ob das in den letzten Jahrzehnten nicht beständig der Fall gewesen wäre! Wie viel an Subventionen sind VW zugeflossen? Was nützt das viele Geld, wenn es nach Kanada getragen wird, um dort umweltschädliche SUVs und Pickups zu bauen? Hat Herr Gröger nicht vorher noch die Standortverlagerung beklagt? Und warum dem Wandel trotzen? Warum geht die IGM nicht in die Offensive und legt Zukunftsvisionen vor? Sie soll in den 1980er Jahren mal welche gehabt haben. Wo sind die geblieben?
„Es braucht endlich den großen Wurf bei der Energiewende und einen Turbo beim Ausbau der erneuerbaren Energien, […]“
Wie sieht der große Wurf aus, Herr Gröger? Wo bleiben Ihre Vorschläge? Wollen Sie weiterhin auf „Arbeitgeber“ und Unternehmen warten? Wollen Sie weiterhin nur zusehen, wie VW festhält an den alten falschen Strategien?
Die Gewerkschaft fordert weiter eine mutige Investitionspolitik statt der „schwarzen Null“…
Endlich eine richtige Aussage, die hier unterstrichen werden soll, wenngleich wir an dieser Stelle nicht weiter auf die Bundesfinanzpolitik eingehen können.
“Wir brauchen auf dem Weg des Wandels der Industrie hunderttausende Fachkräfte – diese wachsen nicht an Bäumen” fordert Gröger abschließend eine Fachkräfteoffensive.
Er bleibt uns auch diemal die Analyse schuldig. Wie konnte es zum Fachkräftemangel kommen? Welche Politik wurde von VW verfolgt? Deutlichere Worte kommen wieder aus Bayern:
Für ihre Einsparungen bei den Auszubildenden kritisierte Horn die bayerischen Arbeitgeber scharf. In den Corona-Jahren haben die bayerischen Betriebe der Metall- und Elektroindustrie die Zahl der neuen Ausbildungsplätze um 15 Prozent gekürzt. Horn: „Gleichzeit jammern die Arbeitgeber immer lauter über Fachkräftemangel.
„Ja, dann investiert doch in Eure Fachkräfte! Investiert in die Zukunft! Bildet endlich wieder mehr junge Menschen aus!“ Herr Gröger lässt konkrete Aussagen vermissen.
Vielleicht werden wir bei Daniela Cavallo, VW Betriebsratschefin, schlauer. Als Volkswagen-Konzern sind wir mitten im Wandel und bereit, alles dafür zu tun, Mobilität nachhaltig zu gestalten. erklärt sie im selben Artikel.
Gleich zwei Stolpersteine in einem Satz. Ist es nicht erstaunlich, dass sich Frau Cavallo als Volkswagen-Konzern bezeichnet und ein WIR konstruiert, wo es keines gibt? Der Volkswagen-Konzern und der Porsche-Piech-Clan vertreten nicht die Interessen der abhängig Beschäftigten. Das aber sollte doch der Betriebsrat tun. Was ist los bei VW? Diesen Punkt werden wir an anderer Stelle nochmal aufgreifen. Denn es liegt nahe, dass diese stark ausgeprägte Interpretation der „Sozialpartnerschaft“ bei VW auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Der zweite Teil des Satzes ist ein kompletter Trugschluss. VW tut nichts dafür, Mobilität nachhaltig zu gestalten. Wie schon bei Herrn Gröger finden wir in der Auslegung von Frau Cavallo weder den Betriebsrat noch den Konzern in einer aktiven Rolle. Sie warten auf die Unterstützung der Politik, um die Antriebswende und den Kampf gegen den Klimawandel erfolgreich zu gestalten …
Die Antriebswende beinhaltet keinen Kampf gegen den Klimawandel. Das ist falsch. Wir brauchen eine Verkehrswende.
Die Stellungnahmen von IG Metall und VW Betriebsrat sind entmutigend. Da finden wir keine Analyse, keine Haltung, keine Entschlossenheit, keine Vision. Beide verschließen die Augen und stellen sich unwissend. Damit wir nicht entmutigt enden, füge ich einen hoffnungsvolleren Beitrag finden aus Bayern an.
„Der bayerische Bezirksleiter Johann Horn fordert beim Wandel der Industrie mehr Mitbestimmung ein. „Wir wollen auch die Strategien der Unternehmen mitbestimmen“, sagte Horn bei der Bezirkskonferenz der IG Metall Bayern am 30. Juni in Würzburg. Das Ziel sei, über neue Produkte und Wertschöpfung vor Ort Beschäftigung zu sichern. „Dafür brauchen wir mehr Mitbestimmungsrechte im Betriebsverfassungsgesetz. Wir werden nicht nachlassen, das von der Politik einzufordern. Wir wollen nicht weniger als die Wirtschaft demokratisieren“, so Horn. Wenn die Menschen über die Zukunft ihrer Arbeit selbst mitbestimmen könnten, dann würden sie auch aufgeschlossen und konstruktiv an die bevorstehenden Veränderungen herangehen.“
Die Wirtschaft demokratisieren!
Die Wirtschaft demokratisieren! Diesen Punkt wollen wir bestärken und bringen Klaus Dörre Die Utopie des Sozialismus ins Spiel. Er schreibt auf Seite 134:
„… besser als einen SUV nicht zu kaufen oder zu fahren, ist, ihn gar nicht erst zu produzieren. Sinnvoller als die gesamte Fahrzeugflotte beizubehalten und sie lediglich auf Elektromobilität umzustellen, ist der Weg zu nachhaltigen Mobilitätskonzepten, die einen optimalen Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln ermöglichen. Und besser als bewaffnete Drohnen von der Einkaufsliste zu streichen, ist, sie gar nicht erst herzustellen. Wer derart weitreichende Produktionsentscheidungen zu beeinflussen beabsichtigt, darf nicht länger akzeptieren, dass winzige Managereliten darüber befinden, welche Produkte für die Menschheit bedeutsam und welche unwichtig sind. Produktionsentscheidungen müssen radikal demokratisiert, das heißt für die Zivilgesellschaft geöffnet werden. Nur wenn diese Entscheidungen strikt an Nachhaltigkeitsziele rückgebunden werden, besteht überhaupt eine Chance, den menschengemachten Klimawandel noch in halbwegs kontrollierbaren Grenzen zu halten und die Übernutzung von Ressourcen einzudämmen.
Klaus Dörre: Die Utopie des Sozialismus
Das ist ein gutes Schlusswort. Wir akzeptieren nicht länger, dass winzige Managereliten über unser Wohl und Wehe entscheiden.