WAZ braucht Nachhilfe in Sachen Demokratie

Um genau zu sein: Steffen Schmidt von der WAZ.

Die Belegschaft, rund 7.000 Mitarbeiter*innen, des VW-Werks in Puebla (Mexiko) lehnen eine Lohnerhöhung von 9 % ab und wollen mehr. Dies kommentiert Herr Schmidt als „Abstimmungsfiasko“.

„Denn in Mexiko gibt es bei Tarifverhandlungen einen entscheidenden Unterschied zu Deutschland. Im Gegensatz zur Bundesrepublik muss in Mexiko erst noch die Belegschaft basisdemokratisch über die Ergebnisse der Verhandlungen abstimmen.“

Steffen Schmidt von der WAZ in seinem Artikel “Tarifchaos in Mexiko: VW-Belegschaft lehnt 9 Prozent Lohnerhöhung ab” vom 31.08.2022

Würdigen wir dieses demokratische Verfahren als Vorbild in Sachen Demokratie. In Deutschland endet diese ja bekanntermaßen am Werkstor. Eine sehr geringe Anzahl von Menschen entscheidet über das Wohl und Wehe der Menschheit. Winzige Managereliten befinden darüber, welche Produkte für die Menschheit bedeutsam und welche unwichtig sind. (Klaus Dörre: Die Utopie des Sozialismus – Kompass für eine Nachhaltigkeitsrevolution) Es ist höchste Zeit, das zu ändern. Produktionsentscheidungen müssen radikal demokratisiert, das heißt für die Belegschaften und darüber hinaus für die Zivilgesellschaft geöffnet werden. Nur dann haben wir eine Chance auf nachhaltige Produktion und Begrenzung der Klimafolgeschäden.

Statt also das Mehr an Demokratie in Mexiko zu unterstützen und mit guten Argumenten zu versehen, freut sich Steffen Schmitt: „Ein anschließendes Abstimmungsfiasko wie in Puebla ist in Wolfsburg ja glücklicherweise nicht zu befürchten.“ Immerhin weiß er, dass Volkswagen trotz Halbleitermangel gute Gewinne schreibt. Aber an denen möchte er die Belegschaft dann doch nicht beteiligt sehen. Mit einer inflationsausgleichenden Erhöhung von 8 % sollen die Beschäftigten mehr als zufrieden sein. An dieser Stelle wäre interessant zu erfahren, welche Gehälter und Gewinne in den geschäftsführenden Etagen und im Porsche-Piech-Clan ausgeschüttet werden. Im Blog von Stephan Krull erfahren wir:

„Trotzdem fährt Volkswagen auch dank staatlicher Subventionen Gewinne ein. Die Gewinnrücklage liegt bei exorbitant hohen 117 Milliarden Euro. Deshalb wird der Rausschmiss von Diess für ihn selbst zu verschmerzen sein: Der Vertrag läuft weiter, er kassiert drei weitere Jahre jeweils ca. 10 Millionen Euro inklusive Pensionsansprüchen. …

Stephan Krull in seinem Blog

Die nach wie vor üppigen Gewinne kommen aus diesen größeren Fahrzeugen, die ohne staatliche Kaufprämien gar nicht absetzbar wären. Außerdem sparen VW und die anderen Autokonzerne viele Millionen Euro durch die Lohnkostenerstattung (Kurzarbeitergeld) durch die Agentur für Arbeit. Und wenn Arbeitsplätze ersatzlos gestrichen werden, obwohl die Profite steigen, ist das extrem unsozial.

Es gibt keinen Grund in den Tarifverhandlungen bescheiden zu sein, im Gegenteil. Wir brauchen eine kämpferische Gewerkschaft, die die Interessen der Beschäftigen vertritt und eine Perspektive entwickelt für die Umsetzung ökologisch nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Der Bau von Bussen und Schienenfahrzeugen würde auf lange Sicht gut bezahlte Arbeitsplätze sichern. Wenn die Mobilitätsbedürfnisse der Vielen im Mittelpunkt stünden und nicht der Profit der Wenigen, wäre viel gewonnen.

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