1.000 km für einen Joghurt?

Immer mehr Gewerbegebiete, Transporte, LKWs!

4, 7 Billionen Tonnen Was-auch-immer wurden im letzten Jahr laut statistischem Bundesamt quer durch die Republik transportiert, insgesamt 697.942.000.000 km weit. Würde die Fracht aufgeteilt auf alle in Deutschland lebenden Menschen, die das mit ihrem Lastenrad transportieren müssten, wären das 60 Tonnen pro Person. Das sind jeden Tag 160 kg 400m weit. Und der Trend ist weiterhin positiv, zahlenmäßig. Seit 2000 stieg so die Güterwarenmenge um 15 %, die der Wege sogar um 35 %. Dieser Güterverkehr sollte auf die Schiene verlagert werden. Das ist klar. Mit 19 % ist der Anteil des Bahnverkehrs am Gesamtgüterverkehrsaufkommen jedoch sehr gering. Unverständlich, wenn man bedenkt, dass der Transport auf der Schiene nur ein Fünftel des Energieeinsatzes auf der Straße erfordert. Doch aufgrund jahrelanger Vernachlässigung der Schieneninfrastruktur ist für die Wirtschaft der Straßenverkehr das Mittel der Wahl. Seit 1994 haben sich die privaten (meist gewerblichen) Schienenverkehrsanschlüsse von 12.000 auf 2.500 reduziert. Ein erneu- ter Schienenanschluss kostet durch weniger staatliche Zuschüsse das Unternehmen
mehr Geld als ein Straßenanschluss. Und während es im Straßennetz für LKW maut 1.000 km für einen Joghurt?

Immer mehr Gewerbegebiete, Transporte, LKWs! freie Strecken gibt (alle Nicht-Bundesfernstraßen) fällt für den Schienenverkehr auf jeder Strecke Maut an. Doch auch durch das individuellere Marktverhalten setzen Unternehmen weiterhin auf den Straßenverkehr. Wenn im Supermarkt der Joghurt alle ist, wird zum nächsten Tag genau ein Paket bestellt. So ungefähr schaut es im gesamten Gewerbe aus. Der größte Fokus liegt auf der
individuellen Verfügbarkeit der Produkte, wodurch zum einen der Beschaffungsraum vergrößert wird, zum anderen immer mehr Güter in immer kleineren Mengen transportiert werden. In der Regel im LKW, da bisher nur dieses Transportmittel die individuelle Logistik ermöglicht. In den letzten vier Jahren hat der Bestand an LKW um 17 %
zugenommen. Die Straßen werden zunehmend zu einem Förderband gemacht. Die einzelnen Unternehmen können dabei auf eigene Lagerräume verzichten, sie bestellen ja nur bei Bedarf. Diese notwendige Lagerfläche wird auf die Straßen outgesourced und öffentliches Gut wird somit mal wieder als Basis für privates Wirtschaften genutzt.
Gleichzeitig werden die Produkte aufgrund der Wirtschaftlichkeit immer weiter transportiert. Krabben aus der Nordsee werden in Marokko gepuhlt, wo Arbeitskräfte weniger kosten. Erdbeeren für schwäbischen Erdbeerjoghurt werden in Polen angebaut und bis nach Baden-Württemberg transportiert

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Solange Umweltfolgekosten im Transportwesen keine Rolle spielen, wird das auch weiterhin so bleiben. Am Transportwesen zeigt sich mal wieder, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise über Leichen geht. Solange der Preis die Wahl der Mittel bestimmt, und nicht etwa die Sinnhaftigkeit, wird das zerstörerische Verhalten des Marktes auch im Transportwesen weiter gehen. Davon betroffen sind unter anderem jene Menschen, die in der Nähe von Bundesfernstraßen wohnen oder aber in ländlichen Gegenden, die von einem weiteren Logisitikzentrum erschlagen werden. Die momentan propagierten Ideen (wie „Die letzte Meile auf dem Rad“) zielen vor allem darauf ab, in Städten ein modernes Verkehrskonzept zu etablieren, fernab davon soll sich nichts ändern. Zu einer radikalen Verkehrswende gehört vor allem im Transportsektor auch eine drastische Reduzierung der Gütermenge und der Güterleistung. Notwendige Güter gehören auf die Schiene und Transportwege müssen verkürzt werden.

Dieser Artikel ist aus der “Endlich Verkehrswende” Zeitung 2021, die hier kostenlos gedownloadet und hier bestellt werden kann.

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