Selbstverliebte Jungs!

Der Teufel scheißt immer auf denselben Haufen. Der Haufen sind in diesem Fall die Vorstandsgehälter bei VW. Und das in dieser Situation, in der wir alle zur Mäßigung aufgerufen sind! Streik im öffentlichen Dienst wird verurteilt, schließlich haben wir Energiekrise und den Krieg. Doch der Autobauer soll im internationalen Vergleich für Führungskräfte „attraktiv“ bleiben und hebt die Obergrenzen für Vorstandsgehälter an. Wer möchte das nicht, ein attraktives Gehalt auf sehr komfortable Weise zugesprochen? Welch ein Unterschied zu den Vielen, die für ein paar Euro mehr und annähernd erträgliche Arbeitsbedingungen in den Streik treten müssen und hart kämpfen!
Was machen sie dann mit dem vielen Geld? In Privatjets herumfliegen, auf einer Yacht rum lümmeln? Es ist klar, je mehr Geld zur Verfügung steht desto höher der Beitrag zum Klimawandel und zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Die Reichen verursachen die größten Probleme. Wir sollten also über Gehalts- und Vermögensdeckel nachdenken, um das Schlimmste zu verhindern.

Würde noch höheres Gehalt wenigstens zu guten oder zumindest annehmbaren Entscheidungen führen, wäre es nur halb so schlimm. Doch die hohen Gehälter haben bisher keinen Manager davon abgehalten, alles falsch zu machen, was falsch zu machen war. Im Gegenteil. Ich behaupte, die hohen Gehälter fördern den Narzissmus, die Selbstverliebtheit, den Teil im Menschen, der sich selbst als Ausnahmeerscheinung in seiner Grandiosität empfindet.

Wachstum stößt an Grenzen

Die Autoindustrie expandierte – auf Grundlage politischer Entscheidungen und weitreichender Subventionen, aber auch durch Betrug, Korruption und Menschenrechtsverletzungen – in gigantische Ausmaße. Das Ausmaß der Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft wird umso deutlicher, je mehr das Wachstum an die Grenzen stößt und die Ware Arbeitskraft überflüssig wird.

„Es besteht kein Zweifel: Für den Industriegiganten Deutschland wäre ein Niedergang der Autoindustrie fatal. Von ihrem Wohl und Wehe hängen zum Großteil Wachstum und Wohlstand der deutschen Wirtschaft ab. Die Autobranche hat mit all ihren tief- und weitverzweigten Zulieferstufen – einschließlich sämtlicher Dienstleistungen und Aktivitäten an den Rändern – einen Anteil von einem Fünftel am deutschen Bruttoinlandsprodukt. Sie ist damit der Motor der deutschen Wirtschaft. Laut Arbeitsmarktexperten ist etwa jeder siebte Erwerbstätige in und für die
Automobilindustrie tätig, 780.000 Menschen allein arbeiten direkt für sie.“

Helmut Becker, ehemaliger Manager bei BMW auf ntv

In so tiefe Abhängigkeit von einem Produkt hat uns der bisherige Kurs von Konzernleitungen und Politik geführt. Das macht Herr Becker deutlich. Doch lesen wir zwischen den Zeilen, dass der Niedergang verhindert werden muss durch Beibehaltung der bisherigen Kurses? Das zeugt von der Blindheit und dem Realitätsverlust, in den die neoliberale Ideologie uns geführt hat. Dazu passt, dass Vorstände, statt ihre Hausaufgaben zu machen und den Kurs zu korrigieren, weiter in den Niedergang steuern und sich dafür höhere Gehälter zahlen. Und das erinnert fatal an den Untergang der Titanic. Das Schiff hatte drei Klassen, denen je nach finanzieller Ausstattung die Menschen zugeordnet waren, oben die Reichen im Luxus und in der vollen Überzeugung der Unsinkbarkeit des Schiffes, also der Unsterblichkeit ihrer Klasse mit dem exklusiven Lebensstil.

Selbstverliebte Jungs!

Es sind narzisstische Charaktere in den Vorstandsetagen, selbstverliebte Geschöpfe, die sich selber idealisieren und in den Mittelpunkt stellen, die keine Grenzen kennen und denken, wir sollten alles, was wir wollen, immer und sofort bekommen. Ihre Eigennützigkeit verwechseln sie mit Freiheit, die sie lautstark einfordern. Es sind diese Charaktere, die die neoliberale Wirtschaftsweise braucht und hervorbringt. Zur Verbreitung der narzisstischen Position tritt die Werbung an, die uns dahingehend sehr subtil beeinflusst, dass wir uns für einzigartig und besonders halten, unsere Fürsorge aufgeben und nur noch Eigennutz kennen. Um im neoliberalen Spiel mitzuspielen, geben wir die Fürsorge auf, für uns selbst und alles um uns herum, Mensch und Natur. Mit diesem Schmerz sind wir allein in einer Gesellschaft, die uns lehrt, die Ellbogen auszufahren. Doch wenn es alle machen, fühlt es sich schon fast normal an. Die Werbung vertritt eine ideologische Haltung, die die deregulierte Wirtschaft antreibt, in der wir keine Grenzen haben dürfen und endlos wachsen.

Hoffnung am Horizont

Hoffnung erscheint am Horizont, wenn Pflegekräfte streiken für angemessenes Gehalt und Arbeitsbedingungen, die ihnen Fürsorge erlauben. Hoffnung kommt auf, wenn ver.di und Fridays for Future ihr gemeinsames Interesse erkennen und zusammen streiken. In beiden steckt der nötige Anteil an Fürsorge, den wir brauchen, wenn wir unsere Lebensgrundlagen erhalten wollen: Die Sorge für angemessene Einkommen, zuträgliche Arbeitsbedingungen und eine Infrastruktur, von der die Vielen profitieren bei schonendem Umgang mit Ressourcen von Mensch und Natur. Also lassen wir uns nicht länger korrumpieren, nehmen wir das Heft in die Hand. Die Autoindustrie ist verloren:

„Es wäre schön, wenn das Land und meine Gewerkschaft, jetzt darauf drängen würden, dass wir bei VW die Produktion umstellen, anstatt weiterhin auf ein totes Pferd zu setzen.“ sagt Lars Hirsekorn, er arbeitet bei VW in Braunschweig, einem Werk mit 8.000 Beschäftigten. Lasst uns Straßenbahnen bauen!

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