VW-Chef: „Mit den richtigen Menschen kann man Berge versetzen!“ Oder: Des Kaisers neue Kleider

Kommentar zu: WAZ 7. September 20220 VW-Chef: „Mit den richtigen Menschen kann man Berge versetzen!“ Konzern-Boss Blume beantwortet Mitarbeiterfragen zu Volkswagen-Qualität, Porsche-Börsengang und E-Fuels

Wie schön für Oliver Blume, dass er immer wieder die richtigen Menschen findet, die für ihn die Berge versetzen, um den Profit und den Einfluss des Porsche-Piëch-Clans zu mehren. Die Mähr von der Sozialpartnerschaft wird nun seit einigen Jahrzehnten so blumig und gewaltig verbreitet, dass sie sich in allen Hirnen festgesetzt hat. Die Tradition der Betriebsgemeinschaftsideologie herrscht ungebrochen. Sie fordert auf, in einem Unternehmen an einem Strang zu ziehen. Dass es einerseits Menschen gibt, die von ihrer Arbeit leben, und andererseits Menschen, die von der Ausbeutung dieser Arbeit leben, kommt nicht vor. Wie im Märchen der Kaiser, so wird „unser Olli“ von den Betriebsratsvorsitzenden bei VW hofiert. Es muss um einiges angenehmer sein, daran zu glauben, als sich dem Konflikt zu stellen.

Einbeck, K20 Projekthaus, Europa, Deutschland, Niedersachsen, 09/2021 Engl.: Einbeck, K20 altarnative project house, Europe, Germany, Lower Saxony, 09/2021

Der Porsche-Börsengang – Deal für die Beschäftigten?

Die Zustimmung des Betriebsrates bzw. der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat einschließlich des IG Metall-Vorsitzendem Jörg Hofmann und des Porsche-Betriebsrates wurde versilbert. Für die Beschäftigten verhandelte der Betriebsrat einen Sonderbonus von 2000 Euro für den Fall des erfolgreichen Börsenganges: 200 Millionen für mehr als 100.000 Beschäftigte, jedoch mehr als zwei Milliarden für die 60 Mitglieder des Familienclans.

Lest bitte weiter über die Folgen und Auswirkungen des Börsenganges bei Stephan Krull Porsches Börsengang: Cash back für den Familienclan

E-Fuels

Spätestens seit dem Porsche-Gate ist weitreichend bekannt, dass Blumes Herz für E-Fuels schlägt. Mithilfe von Ökostrom sollen Kraftstoffe aus Kohlendioxid und Wasserstoff erzeugt werden. Das Problem: bei der Herstellung entstehen große Verluste. Es würden gewaltige Mengen an Strom benötigt. Um ein Verbrennerauto mit E-Fuels anzutreiben, braucht man am Ende fünfmal so viel Strom wie für den Betrieb eines Elektroautos und es wird entsprechend fünfmal so teuer. In Deutschland können wir gar nicht so viele Solaranlagen und Windräder aufstellen. Immerhin hat es Herr Blume in den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung geschafft. Ab 2035 sollen ausschließlich Elektromobile sowie „nachweisbar mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge“ neu zugelassen werden. Dass E-Fuels das Autofahren wesentlich teurer machen, spielt für Blume sicherlich keine Rolle. Das ist ein Auto für Reiche. Und das muss es unbedingt weiterhin geben. Porsche will eine eigene Anlage betreiben, um E-Fuels herzustellen. Allerdings wird diese in Chile gebaut. Mit Windkraftanlagen will Porsche dort genügend Strom für die Produktion der Kraftstoffe erzeugen. Sehr viel Aufwand, um die asoziale Raserei auf unseren Straßen weiterhin zu gewährleisten. Denn E-Fuels verursachen nicht nur eine Verschwendung des knapp verfügbaren Ökostroms, sondern sind laut Handelsblatt nicht viel umweltschonender als herkömmliche Verbrenner. Synthetische Kraftstoffe verringern den CO2-Ausstoß tatsächlich in geringem Maße, jedoch bleibt die Menge an ausgestoßenem Stickstoffdioxid dieselbe. Dieser belastet die Atemwege. Teilweise wird sogar mehr umweltschädliches Methan produziert.

Einem kritischen Blick hält die „Volkswagen-Qualität“ nicht stand. Diese Unternehmensführung schützt nicht unseren Wohlstand und hilft uns nicht, der Klimakatastrophe zu begegnen.

Keine Windkraft aus Chile für unnötige Luxusautos in Deutschland!

„Wenn der Wachstumstrieb unserer Wirtschaft daher kommt, dass kapitalistische Unternehmen unter Konkurrenzdruck menschliche und natürliche Ressourcen maximal ausbeuten müssen, dann hilft nur eines: Wir müssen als Gesellschaft Wege finden, das Kapitalverhältnis zu überwinden. Perspektivisch kann es nur noch darum gehen, dass die arbeitende Bevölkerung sich die Mittel der Produktion aneignet. Ein von der Mehrheit getragener Umbau der Wirtschaft inclusive Rückbau fossiler Industrie wäre eine Perspektive, von der die Menschen viel zu gewinnen hätten – nicht zuletzt Sicherheit, Gesundheit, Zeitwohlstand und Sinnhaftigkeit.“

Christian Hoffmann in JACOBIN Nr. 8/9 2022

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